Zitat von
Halliwelli
so hätt hier auch ne geschichte anzubieten. hab sie aber nicht komplett selbstgeschrieben. der erste absatz kommt von bertolt brecht und wir sollten dazu halt n ende schreiben und kannten das ende nicht. also der zweite,längere absatz stammt von mir:
Die unwürdige Greisin, Bertolt Brecht (1939)
Meine Großmutter war zweiundsiebzig Jahre alt, als mein Großvater starb. Er hatte eine kleine Lithographenanstalt in einem badischen Städtchen und arbeitete darin mit zwei, drei Gehilfen bis zu seinem Tod. Meine Großmutter besorgte ohne Magd den Haushalt, betreute das alte, wacklige Haus und kochte für die Mannsleute und Kinder.
Sie war eine kleine, magere Frau mit lebhaften Eidechsenaugen, aber langsamer Sprechweise. Mit recht kärglichen Mitteln hatte sie fünf Kinder großgezogen von den sieben, die sie geboren hatte. Davon war sie mit den Jahren kleiner geworden.
Von den Kindern gingen die zwei Mädchen nach Amerika und zwei Söhne zogen ebenfalls weg. Nur der Jüngste, der eine schwache Gesundheit hatte, blieb im Städtchen. Er wurde Buchdrucker und legte sich eine viel zu große Familie zu. So war sie allein im Haus, als mein Großvater gestorben war.
Die Kinder schrieben sich Briefe über das Problem, was mit ihr zu geschehen hätte
Der Buchdrucker schlug vor, mit seiner Familie zu ihr zu ziehen, da er ein kleines Haus hatte und meine Großmutter das große Haus nur alleine nutze. Jedoch meinte er seine Mutter solle sich wie früher um das Haus und den Haushalt kümmern, da er und seine Frau arbeiteten und sie kein Geld für eine Magd übrig hätten. Daran, dass meine Großmutter schon so alt war, wurde nicht gedacht: Meine beiden Tanten in den Usa dachten, sie hätten es nicht nötig ihrer Mutter bis zum Tod ein schönes Leben zu machen und kümmerten sich nicht weiter um dieses Problem. Mein Onkel, ein berühmter, viel reisender Arzt war zu eitel sich um seine Mutter zu kümmern, da er meinte seine Karriere könnte dadurch flöten gehen. Letzten Endes hatte nur mein Vater eine gute Idee, die sowohl von meiner Großmutter, als auch von seinen Geschwistern akzeptiert wurde:
Er wollte die Litographenanstalt renovieren und weiterführen und sich darauf eine Existenz in seinem Geburtsort aufbauen. Ich war damals schon 12 Jahre alt und sollte jeden Tag nach der Schule bei meiner Großmutter vorbeischauen. Meine beiden Zwilingsbrüder, die 9 Jahre alt waren, kamen auch des öfteren mit.
Und so hatten wir uns nach einen paar Monaten recht gut eingelebt und das Besuchen nach der Schule klappte auch.
Doch mit der Zeit hatte ich anderes im Kopf und vergaß immer öfters meine Großmutter zu besuchen und meine Brüder dachten auch nur ans Fußballspielen. So kam es, dass ich meine Großmutter nur noch ein mal die Woche, jeden Montag nach der Schule, kurz besuchte, um zu schauen ob alles in Ordnung war.
Und jedesmal lief es gleich ab: Meine Großmutter saß in der Küche wenn ich zur Tür hereinkam und schälte ihre Kartoffeln. Darauf folgte eine kurze Unterhaltung, ich half ihr beim Kochen, aß mit ihr und ging dann wieder nach Hause.
Doch eines Tages wurde ich krank und konnte sie nicht besuchen. Als ich schließlich zweit Tage später wieder gesund war holte ich den Besuch nach doch konnte ich meine Großmutter nicht finden. Ich dachte mir vorerst nichts dabei, da ich glaubte sie wäre vielleicht einkaufen. Doch trotzdem kam ich die darauf folgenden Tage zu ihrem Haus und fand sie niemals vor. Natürlich fingen wir an uns Sorgen zu machen und als ich am Montag wieder wie gewohnt vorbei schauen wollte fand ich sie wie immer Kartoffel schälend in der Küche vor. Ich entschuldigte mich bei ihr, dass ich die letzet Woche nicht gekommen war, verschwieg ihr aber dass ich die restliche Woche jeden Tag bei ihr vorbei geschaut hatte.
Mich interessierte es natürlich sehr, wo sich meine Großmutter rumgetrieben hatte und ob sie es jede Woche tat und so kam ich diese Woche wieder am Dienstag und die darauf folgenden Tage bei ihr vorbei und fand jedes mal ein leeres Haus vor. Das ging mehrere Wochen so und irgendwann wollte ich es genau wissen. Ich blieb am Montag die ganze Nacht wach und beobachtete von meinem Fenster aus, welches nicht weit vom Hause meiner Großmutter entfernt war, ihre Tür und konnte beobachten wie ein Mann sie mit einer Kutsche abholte. Er war Mitte 70 und behandelte die Mutter meines Vaters wie eine Prinzessin, und sie schien es zu genießen. Ich erfuhr leider nicht wo er sie hin fuhr, aber sie kam erst am Sonntagabend wieder zurück und schien sehr glücklich. So graziös und froh hatte ich sie noch nie erlebt.
Vier Wochen lang sagte ich nichts zu ihr, doch dann erzählte sie mir etwas von dem sie glaubte ich wisse es nicht.
Sie erzählte mir, dass sie jemanden kennen gelernt habe, der zu ihr ziehen wolle, und dass ich dann nicht mehr kommen bräuchte, da sie wisse, dass ich es nur aus Pflichtgefühlen getan habe, sie mir aber trotzdem dankbar wäre. Natürlich hatte sie da nicht ganz Unrecht und ich schaffte es nicht, ihr zu wiedersprechen.
So kam es, dass zwei Tage später der Herr bei ihr einzog und meine Familie und ich wieder wegzogen, da die Litographenanstalt nicht so gut lief und meine Großmutter meldete sich bei keinem mehr von uns.
Nur einen Brief schreib sie an all ihre Enkel, in dem stand, dass sie hoffe wir wären bessere Kinder.
Fünf Jahre später starben sie und ihr neuer Lebengefärhte, am selben Tag. Ihren gesamten Besitz vererbte sie mir.