Der Euro

[esiststeffen]

Ja, man glaubt es kaum, aber mit dem heutigen Tag sind es schon genau zehn Jahre, seit es in unseren Geldbeuteln international klimpert, und nicht nur deshalb ist ja unsere Gemeinschaftswährung auch jetzt wieder in aller Munde!

Also, zunächst würde mich mal interessieren: Wie habt ihr damals die Euro-Einführung erlebt? Ich habe natürlich bis zum 31.12.2001 fleißig D-Mark-Münzen gesammelt (und besonders an das 2-Mark-Stück mit dem Konterfei Willy Brandts zu kommen war eine schwere Geburt, ohne dass ich das hier weiter ausführen möchte) und nach dem 1.1.2002 dann mit dem gleichen Fleiß die neuen Euromünzen mit den internationalen Rückseiten ..... ja, spießig, ich weiß
Im April 2002 hatte ich ja meine Jugendweihe und bin dadurch natürlich auch erstmals in den Besitz einigermaßen erklecklicher Mengen der neuen Währung gekommen, und im Juni des gleichen Jahres durfte ich dann bei der Klassenreise nach Paris auch gleich die Internationalität unseres neuen Geldes (hey! die Franzosen zahlen ja wirklich mit dem gleichen Geld wie wir!) am eigenen Leibe spüren

Zehn Jahre später muss ich sagen, dass es in meinem damals angelegten Euromünzenalbum nur noch sehr wenige Lücken gibt (nur an Münzen mit dem Bildnis des Papstes oder des Fürsten Albert wird man wohl nicht so schnell kommen; und außerdem haben ja seitdem auch eine ganze Reihe weiterer, von Mal zu Mal exotischerer Länder den Euro neu eingeführt ) und dass ich auch nur noch höchst selten Preise in D-Mark umrechne (auch wenn mir "40 Mark" noch immer als eine sehr viel höhere Summe erscheint als "20 Euro"); ansonsten muss ich sagen, dass ich nicht an der Währung klebe, aber natürlich nichtsdestotrotz die Erleichterungen genieße, die er uns auf Reisen bringt ..... im vergangenen Sommer habe ich auf der Suche nach etwas Essbarem im eurolosen Malmö in meiner kronenlosen Hosentasche zum ersten Mal seit fast zehn Jahren das Gefühl klimpern hören, dass unsere eigene Währung nichts wert ist

Nun, welches Fazit zieht ihr? Seht ihr die Einführung einer gemeinsamen Währung als Erfolg; und werdet ihr von dieser Erfahrung auch mal euren Enkeln erzählen? Oder rechnet ihr damit, dass nicht zuletzt auch angesichts der sich in letzter Zeit mehrenden Nachrichten über Schuldenkrisen (und ich gestehe freimütig, dass ich dieses Thema bestenfalls in Grundzügen verstehe) die gemeinsame europäische Währung eine Episode bleiben wird und in weiteren zehn Jahren wieder jedes Land mit seiner eigenen Währung zahlt?

[Juli]

Ich weiß noch, als es die Starter-Kits gab und meine Freundin und ich im Biosaal saßen und die Münzen befühlt haben - ich kann heute noch die verschiedenen Münzen durch Abtasten des Randes auseinanderhalten
Gesammelt habe ich auch mal - bis mir bewusst geworden ist, wie viel Geld ich da eigentlich verschwende, dann hab ich's ausgegeben
Und ich gehöre zu denjenigen, die immer noch in DM umrechnen. Ich denke, das wird sich auch nie legen. Sicher ist der DM-Betrag abstrakt geworden, aber wenn ich bedenke, dass ich für ein T-Shirt 40DM zahle, erschreckt mich das schon sehr.

Politisch und wirtschaftlich ist mir das alles egal und ich hab eh keine Ahnung davon. Aber im Urlaub kein Geld mehr wechseln zu müssen, ist schon schön.

[andrea81]

ich kann heute noch die verschiedenen Münzen durch Abtasten des Randes auseinanderhalten

Und ich muss heute noch genau hinschauen, bevor ich die richtige Münze aus dem Portemonnaie nehme...

Ansonsten stimme ich dir zu! Wobei ich so viel dann auch nicht mehr in DM umrechne. Hat sich mit der Zeit etwas gelegt.

[rovo]

Ich finde es einfach praktisch, dass man im Urlaub mit dem gleichen Geld bezahlen kann. In Australien und den USA musste ich immer erst mühsam schauen, welche Stückelungen es überhaupt gibt und wie die aussehen. Im Laden immer umrechnen, wie viel das in Euro ist... ne, das kann man sich doch auch sparen. Auch online wird es so leichter. Und wo wir schon bei Banken sind... ich habe ein Konto bei einer Zweigstelle einer niederländischen Bank, die hätten es mit unterschiedlichen Währungen sicherlich auch schwieriger.

Vielleicht hat die gemeinsame Währung einen kleinen Effekt auf die Krise gehabt, aber ich denke eher, dass durch sie viele Sachen nur mal ans Licht kamen. Hohe Staatsverschuldung ist ja keine neue Erfindung. Oder risikobehaftete Praktiken bei Hypotheken. Wenn wir jetzt wieder eine eigene Währung einführen würden, würde das auch nicht viel bringen, schließlich sind wir stark von Exporten abhängig - was nützt es uns da, wenn wir uns nur auf unsere Wirtschaft konzentrieren, wenn ringsherum weiter Krisenstimmung herrscht? Mal abgesehen davon, dass sich mit einem Rückgang zur alten Währung ganz bestimmt nicht die alten Preise etc. wiederherstellen lassen würden. Das gleiche müsste natürlich auch für die Löhne gemacht werden.

[straßenköter]

...ich will die D-Mark zurück

[esiststeffen]

Herr Sarrazin sorgt ja gerade mal wieder für viel Wirbel: Nach den Ausländern ist in seinem neuesten Buch "Europa braucht den Euro nicht" nun die gemeinsame Währung fällig; und selbstverständlich besteht für niemanden ein Zweifel, dass in dem Buch auch diesmal nichts als gequirlter Mist steht .... auch wenn es noch gar nicht erschienen ist

Heute Abend hatte Günther Jauch in seiner Talkshow Herrn Sarrazin im Streitgespräch mit Peer Steinbrück zu Gast, und schon allein dieser Umstand hat jede Menge Rauschen im Blätterwald verursacht, da selbst führende Politiker gefordert haben, Sarrazin im deutschen Fernsehen keinen Raum mehr zu geben. Ich hab mir die Sendung mal angesehen (zumindest so halb) und habe den Eindruck gewonnen, dass Sarrazin als Bänker natürlich viel Ahnung von der Materie hat, aber auf mich dennoch ein bisschen wie jemand wirkt, der die Provokation geradezu sucht und vielleicht auch mit Absicht auf einen fahrenden Zug wie die Euro-Krise aufspringt, um mit kontroversen Äußerungen auf sich aufmerksam zu machen. Trotzdem, die Art und Weise, wie mit diesem Menschen umgegangen wird und wie er geradezu zur Persona non grata erklärt wird, finde ich dennoch etwas daneben; und die "Halts-Maul"-Demonstranten, die sich bei Jauch vor dem Studio versammelt hatten (und offenbar auch nicht ganz ohne Genugtuung zu Beginn der Show gezeigt wurden) erregen in mir auch eher eine beunruhigte Distanz

Naja wie auch immer, gibt es irgendwen, der in dieser ganzen Debatte eine Meinung hat?

[Sk8er_Girl]

Ich hab so ungefähr die erste Hälfte von Jauch gesehen, fands aber eher weniger spannend.
Sarrazins Thesen konnte ich (als Laie, wohlgemerkt natürlich) nicht so wirklich zustimmen, trotzdem frag ich mich, warum sich alle so an ihm aufgeilen. Soll er doch seine Meinung haben& kundtun - st halt wie immer, im Rampenlicht wird er ausgebuht, aber irgendwie beschäftigen sich doch viele mit ihm+ kaufen sein Buch wieder...

[Malibun]

Ich hab die neueren These des Herrn Sarrazins nicht mit bekommen. Ich hätte aber trotzdem nichts dagegen, ihn aus der Medienlandschaft zu bannen. Man muss nicht jedem menschenverarchtenden Gedankengut Raum zur Selbstdarstellung bieten. Udo Voigt oder Beate Zschäpe werden ja auch nicht in Talkshows eingeladen.
Und ganz ehrlich, man hat schon gesehen, dass nach dem Erscheinen von Sarrazins "Mein Kampf" "Deutschland schafft sich ab" der latente Rassismus und die Fremdenfeindlichckeit in Deutschland rapide gestiegen sind.
Das Problem ist nicht der Mann per se, sondern sein Gedankengut und das was er in der deutschen Bevölkerung mit los getreten hat. Von daher, wärs mir persönlich auch am liebsten, wenn der von den Medien nicht noch weiter Raum für seinen verbalen Dünnschiss kriegen würde.

[Sk8er_Girl]

Aber indem man ihn verbannt, geht ja auch das Gedankengut nicht weg. Ich würd ihn zwar nicht mit Zschäpe o.ä. auf eine Stufe stellen, aber das Problem von Rechtsextremismus zB würde ja auch nicht verschwinden, nur weil man die NPD verbietet.
Eigentlich würde man ihm am meisten weh tun, wenn man ihn ignoriert (denn ich glaube schon, dass er die Provokation liebt, indem er seine doch sehr subjektiven Sichtweisen darbringt) - aber den Gefallen tut ihm eben niemand (klar, auch Jauch hat ihn in seine Sendung geholt & damit nicht ignoriert, aber es hätte ja kein so großes Medienecho geben müssen). Deshalb mein ich ja : es wird viel kritisiert, aber das Buch wird bestimmt wieder in den Beststellerlisten auftauchen.