Ich versteh mich mit meinen Eltern eigentlich ganz gut, auch wenn's manchmal schwierig ist, weil sie eher konservativ sind und ich sie mit der Art und Weise, wie ich mein Leben führe und in Zukunft führen möchte, anscheinend vor den Kopf stoße...
Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, war aber, so nett die Menschen auch sein mögen, nie ein Mensch, der sich dort sonderlich wohl gefühlt oder stark integriert hätte.
Seit ich ins Gymnasium gekommen bin habe ich den Kontakt zur Dorfjugend verloren und bin ganz anders aufgewachsen als sie.
Ich bin die einzige aus meinem Jahrgang, die studieren gegangen ist.
Das Problem ist folgendes: meine Eltern sind komplett in die Dorfgemeinschaft integriert und für sie ist es natürlich ein Problem zu sehen, dass mein Bruder und ich so "ein anderes Leben" führen.
zB
1) die Ausbildung
In Österreich ist es auf dem Land immer noch nicht Gang und Gebe, dass jemand studieren geht, die meisten machen die Hauptschule und lernen dann einen Beruf bzw. machen eine Handelsschule
Sowohl mein Bruder als auch ich waren beide auf dem Gymnasium, da waren wir die einzigen aus unserem jeweiligen Jahrgang (er: 1981, ich: 1987) und schon allein dadurch haben wir den Kontakt zur Dorfjugend verloren, hatten nur noch Freunde aus dem Gymnasium.
2) die Lebensweise
Bei uns im Dorf unterscheiden sich die Menschen überhaupt nicht sehr von einander. Die meisten machen HS und eine Lehre, wohnen bei den Eltern, bis sie mit 21, 22 heiraten, bauen dann gemeinsam mit Frau/Mann ein Haus, sie bekommt mit 24 das erste Kind, das zweite folgt mit 26, die Omas kommen jeden Tag auf Besuch, die Mama geht natürlich nicht mehr arbeiten...
Das war etwas, was ich mir nie hab vorstellen können.
Was haben die Leute blöd geschaut, als wir ausgezogen bin. Schon bei meinem Bruder: was, er zieht aus, bevor er verheiratet ist? Wer putzt ihm denn die Wohnung? WAS? ER SELBER??!!! NEIN!!!???? Ein Mann der allein Leben kann ohne Frau? Wo gibt's denn SOWAS?!! (das sollte jetzt sarkastisch sein)
und bei mir wars das gleiche. Schon meinen Eltern wär's lieber gewesen, ich wär nicht studieren sondern arbeiten gegangen und hätt mir (endlich!) einen Mann gesucht, meine Mutter sekiert mich eh schon Jahre hinweg vonwegen "warum hast du eigentlich keinen Freund?". Das hat schon mit 15 angefangen. Begründung: Jetzt ist die Auswahl noch groß (!!!) Außerdem sieht meine Mutter bei ihrer besten Freundin jetzt Babys, weil ihre Tochter (24) jetzt ihr zweites Kind bekommen hat (was hab ich euch gesagt!!) Und die Dorfleute erst!!! Ich wart ja jetzt schon drauf, dass die ersten aus meinem Jahrgang heiraten, immer sind sie ja schon 21 nächstes Jahr, da fährt der Zug langsam aber wirklich ab! (auch das sollte sarkastisch klingen)
3) die Religiösität
es wird kirchlich geheiratet, mit viel Pomp und Trara, die Kinder werden alle getauft, zur KOmmunion und firmung geschickt, obwohl keiner so wirklich zu wissen scheint, warum man denn das tut... es ist halt einfach so
a) ich muss nicht kirlich heiraten, genau genommen muss ich auch gar NIE heiraten, wenn ich den richtigen nicht finde bzw. in einer Lebensgemeinschaft bleiben will. (UNVORSTELLBAR! Ein unverheirateter Mensch! Welch Rarität!)
b) ich möchte mein Kind nicht taufen und mich verdammt noch mal nicht dafür rechtfertigen müssen, warum nicht. (Oh Gott, schon wieder so eine Spinnerin, so ein verrücktes Weib!)
c) ein Kind ist kein Grund zur Heirat. (WAAAAHHHH! So ein abnormaler Mensch!)
Kennt ihr das? Seid ihr auch froh, aus dem Dorf raus zu sein? bzw. wollt ihr auch weg aus eurem Nest?