Nach dem riesigen Altstadtfest in Dresden in der vorherigen Woche und der Tatsache, dass die Julis am Abend zuvor bei Jamel rockt den Förster gespielt haben, erwartete ich ehrlich gesagt ein komplettes Kontrastprogramm dazu.
Da ein Freund von mir tatsächlich in Haldensleben arbeitet, trafen wir uns schon am frühen Nachmittag und dadurch bekam ich gute Parkplatztipps. Allerdings stellte ich im Laufe des Tages fest, dass Haldensleben gefühlt mehr Parkplätze als ganz Berlin hat.
Am Nachmittag verkündeten die Julis dann via Instagram, dass sie um 22 Uhr auf der Bühne sein werden. Ich hatte die Hoffnung, dass das einfach nur ein Tippfehler war, aber nein, Nachtruhe gibt es während des Altstadtfestes in Haldensleben offensichtlich nicht. Bis zum Konzertbeginn war also noch sehr viel Zeit und auf der Bühne stand bisher nur die Floortom von Jonas, während noch ein anderer Musiker, der mit seinem Keyboard vor allem Schlagersongs coverte, auf der Bühne war. Es war also ausreichend Zeit sich einen ersten Überblick über das Fest zu verschaffen. Die Idee hatten Marcel und Simon offenbar auch und zogen zeitgleich mit uns los. Marcel scheint zur Zeit eine Leidenschaft für die analoge Fotografie zu haben und hielt einige Eindrücke des Festes damit fest.
Das Fest ist größer als erwartet und teilte sich in verschiedene Kategorien mit mehreren Bühnen. Im hinteren Teil gab es einen großen Trödelmarkt, deren Güter kaum unterschiedlicher sein konnten. So konnte man zwischen Platzen, CDs, Büchern und Spielen auch alte Bilder von weinenden Kindern von Giovanni Bragolin, ausgestopften Tieren, Messern und Fotos aus der NS-Zeit kaufen.
Wer nicht gleich zum Trödelmarkt abgebogen ist, fand dann auch einen kleinen Mittelaltermarkt mit entsprechender Musik, Handwerk, Gastronomie und vier alles überwachenden Falken und einem Uhu.
Zwischenzeitlich entschieden wir uns erst einmal wieder nach vorn zu gehen, um zu sehen, ob auf der Bühne schon Neues geboten wurde. Dabei begegneten wir auch Eva, die sich ebenfalls umgesehen hatte und entspannt zurück zur Bühne ging.
Diese Idee schien gut gewesen zu sein, denn auf der Bühne standen bereits zwei junge Männer, nennen wir sie Jonas und Dedi. Von der Seite kamen dann auch Marcel und Simon von ihrer Erkundungstour zurück und widmeten sich ihren Instrumenten, sodass die wenigen Zuschauer auf dem Platz immerhin schon einmal den Soundcheck miterleben konnten. Als dann Eva mit auf die Bühne kam zog der Gesang weitere Interessierte auf den Platz.
Der Soundcheck dauerte etwa eine halbe Stunde, danach waren Radionation mit ihrem Soundcheck dran und bis 22 Uhr war noch sehr viel Zeit.
Ab 20 Uhr spielten Radionation, die vor allem Coversongs aus verschiedenen musikalischen Ecken spielen. Dem Publikum gefiel es und der Party stand nichts im Weg.
Irgendein Schlaukopf richtete die zum Programm gehörende Konfettikanone auf meiner Seite nicht gen Himmel sondern auf das Publikum. Das Konfetti darin waren keine kleinen Schnipsel, sondern lange Bänder, die dort aufgerollt waren und sich dann im Flug aufrollen sollten. Wenn man das auf das Publikum richtet wird es aber ein schmerzhaftes Geschoss…
Nach Radionation folgte der Umbau, allerdings keine Pause, denn das Team von Radio Brocken setzte sich zum Ziel das Publikum weiter einzuheizen. Auch das war absolut in Ordnung und nicht so unangenehm wie wir es schon auf einigen Radioevents erlebt haben. Selbst Marcel wirkte beeindruckt wie sehr das Publikum bereits in Partylaune war und filmte immer wieder mal, während die Crew aufbaute. Bei der Crew waren bringend wieder alte Gesichter dabei und der rote Blaumann (Siehe Altstadtfest Dresden).
22:07 kam die Band dann auf die Bühne und die Setlist war:
Fette Wilde Jahre
Elektrisches Gefühl
Insel
Der Sommer ist vorbei
Fahrrad
November
Die besten Dinge
Geile Zeit
Dieses Leben
Perfekte Welle
Wir beide
Zugabe
Regen und Meer
Die gleiche wie in Dresden.
Bei Fette Wilde Jahre war ich von Handys umzingelt, aber das legte sich im Laufe des Konzerts und es gab dieses Mal niemanden in der ersten Reihe, der das komplette Konzert filmte.
Wie auch schon in Dresden schimpfte Eva vor Fahrrad über den ÖPNV in Berlin - bei mir rollt er täglich und meistens ohne Probleme, während es in Haldensleben, abgesehen von ein paar Busverbindungen gar keinen ÖPNV gibt. Das ist in Berlin jammern auf sehr hohem Niveau.
Bei November erwähnte Eva wieder, dass der Fanclub den Song bei dem Konzerten umgetextet hatte und er ein Herzensstück der Band sei.
Während die besten Dinge drängelte sich von hinten ein Typ (der Kategorie „durch Alkohol definitiv schon drüber“) bis in die erste Reihe vor und sorgte vor mir in der ersten Reihe für reichlich Stress. Direkt vor mir standen zwei Jungs, der ältere nicht älter als 7, und die Eltern und deren Freunde, die allesamt nicht begeistert von dem Dude waren und vor Geile Zeit die Security heran winkten. Diese sprach ein sehr ernstes Wort mit dem Dude, was Eva bemerkte und fragte „gibt es hier Stress? Ich komme gleich runter!“
Die Security ging dann erst einmal wieder, der Dude entschied sich aber während Geile Zeit auch lieber den Rückweg anzutreten. Vielleicht ahnte er auch was passieren würde, denn die Security Männer tauchten kurz darauf im Publikum auf und baten ihn, unter seinem Protest, raus.
Eva änderte bei Geile Zeit auch zum Schluss den Text und sag „Bye Bye Junimond“
Vor Perfekte Welle hatten die Eltern vor mir Erbarmen mit den übermüdeten Jungs, die schon vor dem Konzert erkennbar durch waren. So war die erste Reihe dann unsere.
Wir beide brachte einen kleinen Sturz von Simon mit sich, als er auf das Schlagzeugpodest springen wollte, aber er spielte professionell weiter und der Sturz war schnell vergessen, weil Eva wenige Sekunden später verpeilte, dass Regen und Meer als Zugabe gedacht ist. Während die Jungs die Bühne schon verlassen hatten fragte sie das Publikum noch „wollt ihr noch einen“ und bemerkte, weil sie nur noch mit Dedi allein auf der Bühne stand, ihren Fauxpas. Für die Band ein guter Lacher und das Publikum wusste deshalb was es zu tun hatte.
Nach etwa einer Stunde endete der Auftritt und Dedi überreichte sein Plektrum noch persönlich an eine Dame aus der zweiten Reihe, die während des Gigs ordentlich Spaß hatte.
In Haldensleben war da allerdings noch nicht Schluss, denn Radionation kamen wieder auf die Bühne.
Alles in allem ein guter Auftritt. Das Publikum war gut drauf und war auch alterstechnisch gut gemischt.