SBS liebäugelt mit deutschem TV-Markt
Von Clemens Bomsdorf, Stockholm
Die schwedische TV-Sendergruppe SBS Broadcasting hat Interesse an einem Einstieg ins deutsche Fernsehgeschäft. Damit würde eine bisher in Deutschland nahezu unbekannte Sendergruppe zu einem der Hauptakteure bei der Konsolidierung des deutschen Musikfernsehgeschäfts.
"Zurzeit findet auf dem deutschen Markt für Musikfernsehen eine Konsolidierung statt, die sich an dem Geschäftsmodell des Anbieters MTV orientiert", sagte Markus Tellenbach, Vorstandsvorsitzender von SBS Broadcasting, im Interview mit der Financial Times Deutschland. "Durch den Wegfall des Programms vom TV-Sender Viva entsteht eine Lücke, die wir füllen könnten." SBS könne sich auch vorstellen, beim Medienunternehmen Pro Sieben Sat 1 einzusteigen.
Mit SBS Broadcasting würde eine bisher in Deutschland nahezu unbekannte Sendergruppe zu einem der Hauptakteure bei der Konsolidierung des deutschen Musikfernsehgeschäfts. "Deutschland ist allein wegen der Größe ein interessanter Markt mit nur noch einem Anbieter für Musikfernsehen. Da stellt sich die Frage eines Einstiegs", sagte Tellenbach.
In Deutschland strahlt nur noch der US-Medienkonzern Viacom mit seinem Sender MTV Musikfernsehen aus, nachdem Viacom den Anbieter Viva im vergangenen Jahr übernommen hat. Kulturkritiker bemängeln, dadurch gehe die Programmvielfalt verloren. Investoren werfen dem Sender MTV, er würde sich sein eigenes Geschäft kaputt machen. Denn sowohl MTV als auch Viva sprechen eine ähnliche Zielgruppe an. SBS sieht diese Situation auf dem Markt als Chance für einen Einstieg. "Der muss natürlich zu einem vernünftigen Preis möglich sein", sagte Tellenbach. Die Plätze im deutschen Kabelnetz sind hart umkämpft.
580 Mio. Euro Umsatz
SBS ist bisher mit 16 Fernseh- und 53 Radiosendern in Skandinavien, den Beneluxländern und Osteuropa aktiv. Im Geschäftsjahr 2003 hat der Sender 580 Mio. Euro Umsatz gemacht und einen operativen Gewinn von 43 Mio. Euro erwirtschaftet. Das Unternehmen betreibt bereits in allen fünf skandinavischen Ländern eine nationale Version des Musikfernsehsenders "The Voice", der Vorbild für einen Sender in Deutschland sein würde. Einen konkreten Zeitplan wollte Tellenbach nicht nennen. "Wir sind aber bekannt dafür, dass wir schnell schießen", sagte er.
Anders als bei MTV wird das Programm von "The Voice" auch in den kleinen Ländern komplett in der jeweiligen Landessprache produziert. Außerdem ist der Anteil nationaler Musik relativ groß. Damit versucht SBS den Sender als nationalen Musiksender zu positionieren. "Bei ´The Voice´ kommen 25 bis 30 Prozent der Bands, deren Videos wir spielen, aus dem jeweiligen Land, und sie singen oft in ihrer Muttersprache", sagte Tellenbach. Zudem habe sich MTV mehr und mehr zu einem klassischen Unterhaltungssender gewandelt. "Programme wie die Doku-Soap über die Familie Osbourne oder Mutproben-Shows wie Jack Ass haben nichts mehr mit Musikfernsehen zu tun. Die Zuschauer wollen viel lokale Musik", sagte Tellenbach.
"Wir haben in Skandinavien bewiesen, dass unsere Rezeptur vom Publikum präferiert wird", sagte der Vorstandsvorsitzende. Bei der Gruppe der 12- bis 24-Jährigen habe SBS in Dänemark MTV bereits überholt und in den letzten Wochen des vorigen Jahres zeitweilig über 60 Prozent Marktanteil auf dem Markt für Musik-TV erreicht. In Dänemark startete der Sender "The Voice" sein Programm im Sommer 2004.
Tellenbach war in den 90er Jahren Chef der deutschen Sender Vox, Premiere World und KirchPay TV. Seinen derzeitigen Arbeitgeber SBS sieht er auch als möglichen neuen Gesellschafter von Pro Sieben Sat 1. "Bei einer möglichen Änderung der Gesellschafterstruktur könnten wir eine Rolle spielen", sagte Tellenbach. Er erwartet eine Entscheidung über die Zukunft von der Sendergruppe im Laufe dieses Jahres. SBS Broadcasting möchte darüber hinaus vor allem in Südosteuropa expandieren. Dort ist die Sendergruppe bereits in Rumänien und Ungarn vertreten.
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