Ein Papst (oder auch das Oberhaupt jeder anderen religiösen Gemeinschaft) hat nun mal in der gesellschaft eine ganz andere Aufgabe und einen ganz anderen Platz als eine Bundeskanzlerin oder ein US-Präsident - und daran ändert auch der geschichtliche Zufall, dass er sich eben gleichzeitig noch Staatsoberhaupt eines ummauerten römischen Stadtviertels mit knapp tausend Einwohnern nennen darf, nichts. In unserer heutigen westlichen Gesellschaft gibt es Gott sei Dank () nicht mehr so den Zwang wie früher*), einer Religionsgemeinschaft anzugehören; das heißt also, für jedermann (und jederfrau) ist es eine persönliche und private Angelegenheit, welchen Gott man anbetet und welchem Papst man folgt, genauso wie auch jeder selbst entscheiden darf, auf die Konzerte welcher Band er geht und welche Sportart (und welchen Sportler bzw welchen Verein) er im Fernsehen bejubelt. Ich habe zur Vorbereitung auf den jetzigen Papstbesuch natürlich noch einmal diesen Thread gelesen und darin viel Interessantes gefunden - dass ich damals deine Erlebnisse beim Papstbesuch, Juli, mit meinen Erlebnissen bei der WM 2006 verglichen hab, wusste ich natürlich noch, und ich finde, das ist auch heute noch ein passender und treffender Vergleich
Was ich damit sagen will: Mir persönlich geben unsere Nationalmannschaft, oder auch eine Band wie Juli, mindestens ebensoviel wie anderen vielleicht der Papst, und ich versteh nicht ganz, wieso letzterer in einer säkularisierten Gesellschaft einen höheren Stellenwert genießen sollte als erstere?
(da ja Kristin die Tatsache angesprochen hat, dass nur jeder dritte Deutsche der katholischen Kirche angehört: Wikipedia zufolge leben in Deutschland etwas weniger als 25 Millionen Katholiken, aber meines Wissens haben damals 29 Millionen am heimischen Fernseher den Sieg über Argentinien bei der WM 2006 verfolgt; und auch wenn ich hier nicht mit Zahlen aufwarten kann, gehe ich doch davon aus, dass jedes Wochenende weit mehr Menschen die Sportschau sehen als das Wort zum Sonntag - wo bleiben also die Interessen der Mehrheit gegenüber den Interessen der Minderheit? Warum hat noch kein Politiker eine Rede von Jogi Löw, Theo Zwanziger oder wenns denn sein muss Sepp Blatter vor dem Bundestag gefordert? - Oder nehmen wir ein Beispiel, dass dir vermutlich näher steht, Juli: Würdest du verlangen, dass der Vorsitzende des Internationalen Squaredanceverbandes vor dem Bundestag sprechen soll? Selbst dann, wenn 30 Millionen Menschen in Deutschland Mitglied in einem Sqauredanceverein wären?)
*) In gewissen Regionen Deutschlands merke ich leider Gottes () durchaus noch etwas von einem Zwang, wonach man eben einer Kirche angehören muss, weil es sich eben so gehört, und nicht weil es seine eigene persönliche Überzeugung ist - aber ich bin mir unsicher, ob ich das an dieser Stelle weiter ausführen sollte oder ob das zu weit führen würde ....