Wenn jemand "Wochen" brauchen würde, um das deutsche Ausscheiden zu verarbeiten (also jemand, der nicht selber mitgespielt hat), dann fänd ich das schon etwas übertrieben ... aber 1-2 Tage zu knabbern hatte ich schon, ja
Ich gebe auch zu, dass mich das Halbfinalaus 2006 weitaus mehr geschockt hat als 2010 oder 2012, wohl weil die Hoffnungen sich damals (da Gastgeber) sechs Jahre lang viel mehr angestaut hatten und das Aus auf die denkbar schockierendste Weise erfolgte, nämlich in der Nachspielzeit der Verlängerung .... 2010 ging man trotz zweier grandioser Siege meiner Ansicht nach schon als Außenseiter ins Halbfinale, und 2012 war a) natürlich immer noch die Erinnerung an den Italienschock 2006 wach und b) war ich zumindest von der Mannschaft schon das ganze Turnier hindurch nicht restlos überzeugt, wie auch hier im Thread zu lesen ist
Trotzdem, Juli, es tut mir Leid, aber mir ist immer noch nicht klar, was du dir nun unterm Strich von den deutschen Fans wünschst: Auch noch euphorisch feiern, wenn das Team verloren hat (Zwischenfrage: Gehst du gerne auf Trauerfeiern?); oder aber, sobald die Mannschaft verliert, sagen "Und was kümmerts mich", und die Zeitungen sollten das dementsprechend mit einer kleinen Randnotiz abhaken?
Großartig fand ich die irischen Fans auch, und den Preis haben sie absolut zu Recht bekommen .... für mich eins der absoluten Highlights des Turniers (das ansonsten ja nicht soo reich mit Highlights gesegnet war ....)
Die Antwort auf die Frage gibst du dir ja schon selber: Natürlich geht ein Land wir Irland mit absolut anderen Voraussetzungen in so ein Turnier. Ihre letzte und bisher einzige EM haben sie genau zu der Zeit bestritten, als du geboren wurdest. In derselben Zeit stand Deutschland 3x im EM- und 2x im WM-Finale und hat beide Titel je 1x gewonnen. Wenn du sagst "darum geht es gar nicht", frage ich ganz offenherzig: Worum denn dann?
Stell dir zB mal die Bundesliga vor: Sollte Greuther Fürth in der nächsten Bundesligasaison, sagen wir, Fünfter werden, würden die Fürther tagelang durchfeiern, sollten die Bayern Fünfter werden, würden sie vermutlich erst mal ihren kompletten Trainerstab austauschen
Oder ein Beispiel aus einem außersportlichen Bereich: Ein Schüler, der um seine Versetzung bangen muss, freut sich wahnsinnig über eine Drei, ein anderer ist entsetzt über sie, weil sie seinen 1,0-Schnitt gefährdet. Kannst du diesen beiden nicht zugestehen, dass sie komplett andere Ziele und andere Prämissen haben?
Wie gesagt, jeder hat andere Ziele und Prämissen ... wie wärs zum Beispiel mit folgender Regel: Nur der jeweils Jahrgangsbeste eines Studiengangs bekommt ein Bachelor- oder Masterzeugnis, alle anderen (so sehr sie sich auch bemüht haben) bestenfalls eine Teilnahmeurkunde und den freundlich gemeinten Rat, es doch im nächsten Semester noch mal zu versuchen? Und dann stell dir dazu noch vor, dass du nun schon seit vier oder sechs Semestern dabei bist, doch endlich diese eine Prüfung als Jahrgangsbeste zu bestehen, doch so sehr du dich auch anstrengst, scheiterst du immer gaaanz knapp .... sagen wir, du bekommst auf jede deiner Prüfungen eine 1,6 oder 1,9 oder 1,7, aber es hat immer noch jemand eine 1,1 oder 1,4 oder 1,2 .... das wär doch auch nicht so toll, oder nicht!? und würdest du dann immer noch sagen "Dabeisein ist alles"?
Was ich damit eben sagen will: Bei einem Turnier wie dieser EM gehts eben letzten Endes darum, dass einer am Ende gewinnt. In der Schule, an der Uni oder auch an der Musik geht es (wenn wir jetzt mal nicht an Bundesjugendspiele oder Mathematikolympiaden oder an den Bundesvision Song Contest denken) hingegen üblicherweise nur darum, sich selbst zu überwinden (ich kann, zumindest was die Uni angeht, übrigens durchaus selbst ein Lied davon singen). Wenn ein Team (wie ich es mir von den Iren zB gut vorstellen kann) in so ein Turnier geht mit der Devise "Scheißegal wie wir abschneiden, Hauptsache wir sind dabei und fühlen uns schon jetzt als Helden", dann ist das ja etwas sehr Schönes .... aber warum sollten die Deutschen und ihre Fans das deshalb ganz genauso übernehmen? Wenn doch alle Welt weiß, dass die Deutschen prinzipiell weitaus mehr drauf haben!?
Wie gesagt, im Sport gehts nunmal weit mehr als in der Musik oder der Bildung ums Gewinnen, ums Besser-als-andere-sein .... Ich finde es wie gesagt einfach schade, wenn jemand weiß, man hätte (in was auch immer) besser sein können und es eben knapp verpasst hat. Ich weiß zB nicht, wie es bei dir ist (oder früher war), wenn deine Lieblingsband oder deine Lieblingssendung für einen bestimmten Preis nominiert sind, hast du dann jemals dir die Finger wund gevotet (oder wenn das nicht möglich war, so doch zumindest alle verfügbaren Daumen gedrückt) und sehnlichst darauf gehofft, dass sie eeendlich mal gewinnen? Und selbst wenn du persönlich das nicht getan hast, kannst du dann nicht verstehen, wenn jemand, der das getan und der wochen-, vielleicht monatelang mitgehofft und mitgezittert hat, dann enttäuscht ist? Und dass derjenige sich dann auch noch tagelang die Frage durch den Kopf gehen lässt, woran es nun letztendlich gefehlt hat?
Zu der Sache mit dem Selbstwertgefühl könnte ich nun noch ein ganz anderes Fass aufmachen .... aber ich lass es in deinem eigenen Sinne lieber bleiben
Hätte Deutschland genauso schlecht gespielt, wie sie tatsächlich gespielt haben, die Italiener aber noch schlechter, hätten die Deutschen vermutlich gewonnen. Hätte aber Italien genauso gut gespielt, wie sie tatsächlich gespielt haben, die Deutschen aber noch viel besser, hätten die Deutschen vermutlich auch gewonnen. Woran willst du also festmachen, ob das Ergebnis nun der Stärke der Italiener oder der Schwäche der Deutschen geschuldet war? Gestern hat Italien ja ziemlich eins aufn Deckel bekommen .... lag das nun daran, dass sie von vornherein viel schlechter als gegen Deutschland gespielt haben, oder daran, dass Spanien einfach 100x besser gespielt hat als Deutschland (und, sagen wir, 20x besser als Italien)? Oder war überhaupt niemand besser oder schlechter und die Italiener hatten einfach sehr viel mehr Pech als die Spanier? Wer weiß das schon so genau?
1) Warum bist du stolz auf Spanien? Zumal du das Spiel ja noch nicht mal gesehen hast? Was zeigt es dir, "was nichts mit Fußball zu tun hat"? Lese ich da etwa einen gaaanz kleinen Anflug von böööösem Nationalgefühl heraus?
2) Glückwunsch ^^ .... aber dann gratulier mir bitte auch zu einem hochverdienten vierten Platz
Was ich persönlich zum Finale zu sagen habe: Ich hatte ja schon in der Halbzeit geschrieben, dass es für mich ein erstaunlich sehenswertes Endspiel war, was sich dann auch in der zweiten Hälfte bewahrheitet hat, wenn auch anders als gedacht ^^
Als es schon nach 57 (?) Minuten hieß, dass das italienische Wechselkontingent jetzt schon ausgeschöpft sei, hab ich mir auch gedacht "o-oh, ob das gut geht?" .... und es dauerte auch gar nicht lange, da hat sich die Befürchtung bewahrheitet, und wie Kristin es beschrieben hat, war es von da an endgültig ein ziemlich einseitiges Spiel, und ich habe mich nur noch gefragt, warum Spanien das dritte (und vierte) Tor nicht schon viel eher gemacht hat ^^
Ansonsten gibt Kristins Gesamtfazit auch ziemlich genau meine Empfindungen wieder:
Bis zum gestrigen Tag hab ich mir nicht vorstellen können, dass es von dieser EM irgendein Spiel oder auch nur ein Einzelereignis geben würde, an das man sich auch in 20 Jahren noch erinnern würde .... also wenn (!), dann wird dieses Turnier wohl tatsächlich nur für sein Finale in Erinnerung bleiben
Ansonsten hatte ich es wohl auch schon mal geschrieben, es war ein an Überraschungen äußerst armes Turnier (von den großen Teams sind ja nur die Holländer sang- und klanglos gescheitert, aber sogar das ist bei der EM schon alte Vizeweltmeistertradition ^^) und die Spiele waren mit wenigen Ausnahmen eher langweilig und schwerfällig anzusehen ..... ich hoffe mal, bei der WM 2014 wird wieder etwas mehr offensiv gezaubert
Und noch ein Wort zum deutschen Team: Hat heute nacht noch irgendwer Markus Lanz gesehen? Gerade Rolf Töpperwiens Aussagen fand ich sehr zutreffend und klug