Da es bereits Nachfragen gab, folgt nun endlich der Bericht.
Der folgende Bericht stammt von einer Person, die ihr Leben lang nur in einer Großstadt gelebt hat und dementsprechend mit einer sehr einseitigen Betrachtungsweise durch die Festlichkeit lief. Der Fachausdruck dazu ist übrigens „geballte Hauptstadtarroganz“.
Von Berlin aus ist man in etwas mehr als 2 Stunden in Bernburg, einer Kreisstadt an der Saale mit 32.876 Einwohnern (etwa so viele Menschen fahren in Berlin Morgens gemeinsam in einer S-Bahn).
Die Stadt ist aber überraschend schick und offensichtlich ist man auch stolz darauf, weshalb man sich 1 x im Jahr zum Stadtfest trifft.
Das Stadtfest ist geprägt von einem sehr langen (Wochen)Markt, mit vereinzelten Essständen und in diesem Jahr gab es dort auch den Stand einer Partei aus dem rechtspopulistischen Spektrum, von dem aus Luftballons an die Kinder und Kugelschreiber und Schlüsselanhänger an die Erwachsenen verschenkt wurden, während man das Gespräch mit diesen suchte. Der beste Moment war übrigens als ich daran vorbei lief und der Parteianhänger zu einem Bürger sagte: „Und in Berlin ist das ganz schlimm“.
(Wenn sich Rechtspopulisten in einer Kleinstadt aus Sachsen-Anhalt über Berlin aufregen, macht Berlin es richtig. )
Warum das so interessant ist?
Bevor das Set für die abendliche SAW- Show aufgebaut werden konnte, fand noch ein anderes Programm statt, weshalb auch der Soundcheck der Julis erst am Nachmittag stattfinden konnte. Zu dieser Zeit lieg das Fest natürlich schon eine Weile.
Marcel war für den Soundcheck der erste der Julis auf der Bühne und erregte mit der Zeit natürlich eine gewisse Aufmerksamkeit. Spätestens als dann nach und nach auch der Rest der instrumentellen Belegschaft auf der Bühne stand versammelten sich die ersten Interessierten direkt vor der Bühne und beobachteten die Julis. Mit dabei waren Eben auch jene Kinder, die zuvor an dem Parteistand entsprechende Luftballons erhalten hatten und das ergab schon ein sehr ... merkwürdiges Bild.
Der Soundcheck dauerte gefühlt länger als das spätere Konzert und ach Eva entschuldigte sich zwischenzeitlich bei dem bereits zahlreich anwesenden Publikum, dass sie nach langer Zeit das erste Mal wieder auf Tour wären und neue Leute dabei hätten.
Dafür könnte man im Soundcheck aber schon die ersten drei Songs (darunter auch Fahrrad) hören.
Bevor die Julis dann einige Stunden später auf die Bühne kamen, trat aber erst einmal der DSDS Gewinner 2019 auf. Ich glaube, dass ich das erste Mal einen DSDS Gewinner Live sah, aber wenn deren Auftritte schon immer daraus bestanden, dass die Band vom Band kommt, man irgendwelche Coversongs singt und sicherlich auch ordentlich Autotune läuft, habe ich wohl nichts verpasst.
Aber auch danach kamen noch nicht die Julis, sondern die beiden Moderatoren vom Radio SAW versuchten das Publikum zu unterhalten, bis auch die Technik der Julis so weit war.
Setlist:
1. Insel
2. Zerrissen
3. Elektrisches Gefühl
4. Anders
5. November
6. 2004
7. Fahrrad
8. Regen und Meer
9. Geile Zeit
10. Wir Beide
11. Perfekte Welle
12. Dieses Leben
Ich habe mich richtig darüber gefreut mal wieder Anders live zu hören und Eva moderierte ihn auch damit an, dass sie ihn schon ewig nicht mehr live gespielt hätten. Sie vermutete, dass das letzte Mal 2007 gewesen sein könnte Großartig war aber der Moment, in dem das Publikum mitsingen sollte und außer einer kleinen Anzahl von Leuten niemand diesen Song kannte, weshalb der Gesang vom Publikum nur sehr leise war und Sieden dennoch „Das war super Bernburg“. Es war nicht super.
Zu 2004 gab sie eine kleine Interpretationshilfe, wie man zu dem Song trinken kann, denn „Wisst ihr was es heißt zwei Finger breit? Das ist ein Kurzer“.
Regen und Meer wurde angekündigt mit: „Jetzt brauche ich wirklich mal eure Hände. Ich weiß, ich habe das schon ein paar Mal gesagt, aber jetzt meine ich es wirklich ernst.“ - ihre Anmoderationen waren sowieso wieder einmal sehr unterhaltsam.
Als die Julis dann nach Wir Beide die Bühne verließen, gab es Zugabe-Rufe, die jedoch ziemlich durcheinander und auch nicht besonders laut waren. Dann verstummten sie völliG, wurden wieder durcheinander gerufen und erst als der Moderator Eingriff und das ganze koordinierte, wurde es etwas besser. Ich glaube die Julis hatten dann auch irgendein keinen Bock mehr auf dieses verkrampfe Spiel von allen Seiten und kamen noch einmal auf die Bühne zurück.
Marcel trug übrigens ein 26. Mai Shirt aus der Kampagne zum Wählen gehen.
Insgesamt haben sie etwas mehr als eine Stunde gespielt, die sehr schnell verging und die Setlist war meiner Meinung nach sehr gut, vor allem Dank „Anders“.
Dieser Tag wird bei mir zumindest auch in den Kalender eingehen, denn nachdem ich den Heimweg angetreten hatte, wurde ich 200 Meter später das erste Mal in meiner Autofahrerzeit von der Polizei kontrolliert. Aber wir trennten uns sehr friedlich.