Sooo, das von meiner Heimat nächstgelegene Julikonzert meiner gesamten Laufbahn als Fan ist Geschichte!
Wem die Kulturarena nichts sagt: Das ist eine Veranstaltungsreihe, die sich jeweils über den ganzen Sommer erstreckt, mit Filmvorführungen und Konzerten (ich habe in früheren Jahren unter anderem schon Wir sind Helden und im letzten Jahr die Sportis dort gesehen), und das Ganze jeweils auf dem Theaterplatz mitten im Zentrum von Jena. Kristin und ich waren zunächst noch in Sichtweite des Veranstaltungsgeländes essen, wo wir leider eeeeeeewig warten mussten, weshalb wir den Einlass nur von ferne sahen und erst mit erheblicher Verspätung auf das Gelände kamen. Während unseres Mahles, zwar im Freien, aber zum Glück unter Markisen, konnten wir erleben, wie sich die Schleusen des Himmels plötzlich kraftvoll auftaten, weshalb ich tatsächlich sehr stolz auf mich bin, an das Mitbringen von Ganzkörperkondomen gedacht zu haben!
Nun, so waren wir gegen 19:20 oder 19:30 Uhr auf dem Gelände und bekamen trotz allem noch relativ gute und mittige Plätze in nicht allzu weiter Entfernung von der Bühne. Es gab übrigens interessanterweise keine Vorband, so dass das für mich nicht nur das nächstgelegene Julikonzert, sondern auch das mit der kürzesten Wartezeit war. Gegen 20:05 Uhr betraten die Julis die Bühne. Die Setlist sah folgendermaßen aus:
Fette wilde Jahre
Elektrisches Gefühl
Insel
Der Sommer ist vorbei
Fahrrad
November
In unseren Händen
Wolke
Die besten Dinge
Geile Zeit
Anders
Zerrissen
Dieses Leben
Gehen oder bleiben
Irgendwann
Perfekte Welle
Wir beide
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2004
Regen und Meer
Zwar dieselben Lieder wie auf der Tour, aber zum Teil durchaus in geänderter Reihenfolge, wie mir auffällt. Ansonsten ist festzuhalten: Eva war wieder genauso positiv und ausgelassen drauf (oder hat zumindest glaubwürdig diesen Eindruck verkörpert) wie in Leipzig und Berlin. Und auch wenn ich keine Statistik darüber geführt habe, würde ich von meinem persönlichen Eindruck her zumindest in Erwägung ziehen, dass sie vielleicht sogar noch mehr Ansagen gemacht hat als bei den Tourkonzerten. Auf jeden Fall hat sie sowohl mit dem Publikum viel interagiert als auch mit den vier Jungs. Zum Beispiel wurde „Fahrrad“ u. a. mit den Worten eingeleitet, dass Marcel von allen Menschen, der sie kenne, der mit den meisten gefahrenen Klappradkilometern sei. Und vor „Irgendwann“ hieß es, dass das Lied ja von den Träumen handle, die man als Dorfkind habe, wozu sie einwarf, dass Jena ja eine recht große Stadt sei (hmmm, na ich weiß ja nicht.... auch wenn ich etwas widerwillig einräume, dass es inzwischen größer ist als Gera ), und wissen wollte, wer alles aus Kleinstädten oder Dörfern komme. Besonders erfreut zeigte sie sich, als sie rechts von uns eine Truppe ausmachte, die angab, aus Gießen zu kommen. Und auch wenn mir einiges natürlich schon von den zwei vorangegangenen Konzerten vertraut war (wie etwa dass sie nacheinander U30 und Ü30 singen ließ), hatte ich durchaus nicht das Gefühl, dass sie da einfach ein festgelegtes Programm abspielt. Und auch das Publikum ist definitiv gut mitgegangen und hat sich an unterschiedlichen Stellen des Programms auch zu „Simon, Simon“- und „Jonas, Jonas“-Sprechchören hinreißen lassen. Irgendwann zum Ende hin sagte Eva dann, dass sie das Gefühl habe, sie und das Jenaer Publikum seien gute Freunde geworden, und ich finde, das kann man durchaus so festhalten....
(Ach ja, und auch wenn wir natürlich wissen, dass Regen auf Julikonzerten immer etwas Gutes ist, war ich trotzdem nicht unfroh, dass er sich nach vielleicht 30 Minuten Konzertprogramms, ungefähr bei „Fahrrad“, wieder verzog und man sich irgendwann auch der Ganzkörperkondome wieder entledigen konnte.)
Und joa, so kommen wir zu dem Punkt, der mich auf dem und nach dem Konzert am meisten beschäftigt hat. Es ist da nämlich etwas passiert, was ich so noch auf keinem Konzert erlebt habe. Nachdem Eva schon bei „Geile Zeit“ so etwas gesagt hat wie dass sie es nicht so schön finde, wenn immer alle am Mitfilmen sind, und auch, dass sie sich wohler fühle, wenn sie wisse, dass nicht alles hinterher im Internet lande, wurde „Perfekte Welle“ dann nach dem ersten Refrain unterbrochen und Eva machte eine Ansage. Ich bringe den genauen Wortlaut nicht mehr zusammen (vielleicht taucht ja, was ironisch genug wäre, irgendwann noch ein Mitschnitt online auf) – aber jedenfalls ging es so grob sinngemäß ungefähr darum, dass Juli ja eine Band sei, die den Zuschauern Freude bringen wolle, und dazu gehöre, dass man sich bewege, und das wiederum würde nicht gehen, wenn man die ganze Zeit am Filmen sei. Und dann sagte sie (wiederum der ungefähre Wortlaut): „Ihr habt jetzt alle eine Strophe und einen Refrain mitgefilmt, und jetzt packt ihr eure Handys weg und wir fangen noch mal an“. Und dann wurde tatsächlich das ganze Lied noch mal von Anfang an gespielt. Wie gesagt, ich kann mich nicht erinnern, so etwas schon je bei irgendeinem Konzert miterlebt zu haben.
Und hmmm, ich weiß nicht so gaaaanz, was ich davon halten soll. Das Thema Mitfilmen haben wir ja auch bei den Tourkonzerten schon angesprochen, wo mir auch aufgefallen war, dass das wirklich etwas überhand genommen hat. Aber ich sehe das trotzdem zwiespältig. Auch wenn ich nach wie vor nie auf die Idee käme, einen ganzen Song mitzufilmen, möchte ich (so lange sie das Handy dabei nicht total sichtversperrend in die Luft halten, versteht sich) auch ungern Menschen verurteilen, die das tun. Und ich gebe ich auch offen und ehrlich zu, inzwischen auch zumindest ein paar einzelne Schnipsel zu filmen. Ich finde es eine nette Geste, dass es so was gibt; sei es, dass man Leute beglücken möchte, die bei einem Konzert nicht selbst dabei sein konnten, oder dass man es sich selber noch mal in Erinnerung rufen möchte. Hach joaaa. Wie gesagt, ich sehe ja vollauf ein, dass das etwas überhand genommen hat, aber jedenfalls bin ich trotzdem nicht so glücklich über diese Ansage. Zumal ich sonst, wie oben geschrieben, üüüüberhaupt nicht das Gefühl hatte, Eva sei an diesem Abend übellaunig oder enttäuscht gewesen. Gerade deshalb will ich mir von dieser einen Szene auch nicht das positive Gefühl oder gar die generelle Fanliebe verderben lassen. Wie auch immer: Ich wäre gespannt, ob es dazu noch weitere Meinungen hier im Forum gibt.
Und noch eine Sache ging mir durch den Kopf: Ich habe mich dann hinterher noch (erfolglos) wegen einer Setlist vor der Bühnenabsperrung positioniert und bin dabei auch noch mit einigen Fans zusammengetroffen, die noch auf die Julis warteten, um ein Foto, eine Unterschrift o. ä. zu ergattern. Und tatsächlich kam Simon dann auch noch mal zu einigen warteten Fans in den Bühnengraben (und man merkte richtig, wie noch weitere Besucher hinzuströmten, als sie seiner gewahr wurden). Ich glaube nicht, dass er mich gesehen hat, und habe auch definitiv darauf verzichtet, ihn irgendwie auf mich aufmerksam machen zu wollen. Und naja, mir wurde dabei bewusst, dass diese gewisse Art von Fantum mir doch inzwischen erstaunlich fern steht. Versteht mich nicht falsch, ich definiere mich nach wie vor eindeutig als Julifan; ich fände es nach wie vor super, mich mit Simon oder anderen Bandmitgliedern unterhalten zu können; ich denke an Weißenfels 2014 als eines der erstaunlichsten Erlebnisse meines Lebens zurück und finde es nach wie vor absolut krass, erst vor etwas über zwei Monaten von Simon mit Handschlag begrüßt worden zu sein – aber ich käme mir irgendwie komplett komisch dabei vor, so eine Begegnung bewusst zu forcieren, deswegen am Backstage-Eingang zu lauern oder irgendwie das Gefühl auszustrahlen, so eine Begegnung wäre etwas, auf das ich einen naturgegebenen Anspruch habe. Auch hier wieder, genau wie beim Mitfilm-Thema: Ich verurteile niemanden, der das tut, und gönne jedem die Freude daran von Herzen – aber ich fühle mich inzwischen irgendwie doch anders und frage mich, ob das am Alter oder an der Lebenserfahrung oder an etwas ganz anderem liegt. Und auch hier frage ich mal in die Runde: Könnt ihr anderen das nachvollziehen?!